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Liebe Fancy,
Du hast genau dem entsprochen, was ich in der Wau-Mau-Insel suchte: eine ältere Katzen-Dame, die ein ruhiges Plätzchen für ihren Lebensabend brauchte. Was mir an Dir besonders auffiel – und wohl auch Beschützerinstinkte in mir weckte -, war Deine Ängstlichkeit. Du hast einerseits sofort auf meinem Schoß Platz genommen und es Dir gemütlich gemacht. Aber wenn dann jemand nur den Gang entlang ging, bist Du sofort in Deine Box verschwunden. Und später, in Deinem neuen Heim: mein Schoß wurde Dein absoluter Lieblingsplatz. Zuerst in angespannter Haltung, die nach einiger Zeit in den typischen brummenden Entspannungsmodus überging. Dann hast Du manchmal sogar geschnarcht.
Aber wenn ich Dir auf Fußhöhe begegnete, hast Du sofort schon panisch Reißaus genommen. Und klingelte es an der Tür, lugte nicht mal Dein Köpfchen unter der Decke hervor. Deine wie traumatisch wirkende Ängstlichkeit war Dein markanter Charakterzug.
Arme Fancy, ich fürchte, Du hattest
nicht immer ein gutes Zuhause. Oft muß ich daran denken, daß Du das erste Mal im Alter von drei Jahren im Zuge einer polizeilichen Sicherstellung unter den Schutz der Wau-Mau-Insel kamst. Oder war es der Verlust Deines Frauchens im vorigen Herbst, der Dich derart aus der Bahn warf? Nur Ignoranten verkennen, daß auch ein Tier eine Seele hat, die leiden kann.
Umso wichtiger war es mir, daß Du hier in Deinem neuen Heim zu neuer Ruhe findest und daraus ein besseres Vertrauen zu Deinem Menschen entwickelst. Schrittweise waren Erfolge sichtbar. Wie Du nach langen Zögern von alleine auf den Balkon getapst bist… wie Du langsam aus der Bettdecke heraus auf Besuch zugegangen bist…
Aber dann fand ich Dich vor einigen Tagen schlapp, fast apathisch vor. Du hast kaum was gefuttert. War es das neue Medikament gegen Dein Verdauungsproblem? Dein Zustand stellte die Tierärztin vor ein Rätsel. Doch dann brachte das Röntgenbild einen Befund, den keiner erwartete, ein Bild, das zuschlug wie ein Hammer: wie lange schon hat sich der Krebs heimtückisch durch Deine Lungen gefressen? Es ging dann so schnell. Du wolltest weder futtern noch trinken. Selbst die Reste aus dem Puddingbecher hast Du angewidert verschmäht. Du hast nur noch starr dagesessen, als ob Du innerlich etwas Unheilvolles ausgebrütet hast. Somit bin ich dann nur drei Tage nach dieser niederschmetternden Diagnose mit Dir bis zur Regenbogenbrücke gegangen… Abschied nehmen nach einem halben Jahr. Eine viel zu kurze Zeit.
Ich weiß, Du warst schon eine ältere Dame, als Du bei mir eingezogen bist. Aber auf ein paar gemeinsame Jahre mit Dir hatte ich schon gerechnet. So kurz die Zeit am Ende war, hoffe ich aber, daß ich Dir das wichtigste für ein glückliches Katzenleben geben konnte: ein gutes und geborgenes Zuhause.
D. Körtel
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